Blätter leuchten am Baum,
in der Luft, am Boden.
Farbtupfer der Saison.
(© Jo. M. Wysser)
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HERR: es ist Zeit. Der Sommer war sehr gross.
Leg deinen Schatten auf die Sonnenuhren,
Und auf den Fluren lass die Winde los.
Befiehl den letzten Früchten voll zu sein;
Gib ihnen noch zwei südlichere Tage,
Dränge sie zur Vollendung hin und jage
Die letzte Süsse in den schweren Wein.
Wer jetzt kein Haus hat, baut sich keines mehr.
Wer jetzt allein ist, wird es lange bleiben,
Wird wachen, lesen, lange Briefe schreiben
Und wird in den Alleen hin und her
Unruhig wandern, wenn die Blätter treiben.
(Rainer Maria Rilke, 1875-1926, österreichischer Schrifsteller, Dichter)
S P R U C H kurz
ES GIBT EINE STILLE DES HERBSTES BIS IN DIE FARBEN HINEIN.
(Hugo von Hofmannsthal, 1874-1929)
Es liegt der Herbst auf allen Wegen,
In hundert Farben prangt sein Kleid,
Wie seine Trauer, seinen Segen
Er um sich streut zu gleicher Zeit.
Es rauscht der Fuss im welken Laube,
Was blüht' und grünte, ward ein Traum –
Allein am Stocke winkt die Traube
Und goldne Frucht schmückt rings den Baum.
So nimmt und gibt mit vollen Händen
Der Herbst, ein Dieb und eine Fee;
Erfüllung kann allein er spenden,
Doch sie umfängt ein tiefes Weh! –
O, Herbst der Seele! deine Früchte,
Sind auch Gewinn sie, oder Raub?
Der Wünsche Blüthe ist zunichte,
Der Hoffnung Grün ein welkes Laub.
Zu schwer erkauft, um zu beglücken,
O, Seelenherbst, ist deine Zier!
Der Saft der Traube kann entzücken,
Doch keine Wonne strömt aus dir.
Die Weisheit, wie die Frucht sie nennen,
Sie presst mir bittre Thränen aus,
Und ihres Kernes herbem Brennen
Entkeimet nie ein Frühlingsstrauss!
(Luise Büchner, 1821-1877, deutsche Lyrikerin und Schriftstellerin)
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Bild-Text:
Um die Grossstadt sinkt die Welt in Schlaf.
Felder gilben, Wälder ächzen überall.
Wie Blätter fallen draussen alle Tage,
Vom Zeitwind weggeweht.
Ob Ebene und Wald in welkes Sterben fallen,
Ob draussen tost Vergänglichkeit,
Im Stadtberg brüllen Strassen, Hämmer hallen:
Die Stadt dampft heiss in Unrast ohne Zeit.
(Gerrit Engelke, 1890-1918)
Wie war so schön doch Wald und Feld
wie traurig ist anjetzt die Welt
Hin ist die schöne Sommerzeit
und nach der Freude kam das Leid
Wir wußten nichts von Ungemach,
Wir saßen unterm Laubesdach,
Vergnügt und froh im Sonnenschein
Und sangen in die Welt hinein.
Wir armen Vöglein trauern sehr,
Wir haben keine Heimat mehr,
Wir müssen jetzt von hinnen fliehn
Und in die weite Fremde ziehn.
(August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, 1798-1874, deutscher Dichter, Hochschullehrer)
S P R U C H kurz
Im Herbst steht in den Gärten die Stille, für die wir keine Zeit haben.
(Victor Auburtin, 1870-1928)
Fetter grüne, du Laub,
Am Rebengeländer
Hier mein Fenster herauf!
Gedrängter quellet,
Zwillingsbeeren, and reifet
Schneller und glänzend voller!
Euch brütet der Mutter Sonne
Scheideblick, euch umsäuselt
Des holden Himmels
Fruchtende Fülle;
Euch kühlet des Mondes
Freundlicher Zauberhauch,
Und euch betauen, ach!
Aus diesen Augen
Der ewig belebenden Liebe
Vollschwellende Tränen.
(Johann Wolfgang von Goethe, 1749-1832, deutscher Dichter, Schriftsteller, Naturforscher)
S P R U C H
Die Blätter fallen jeden Winter von den Bäumen. Fünf
oder sechs bleiben am Baum hängen und werden zum Spielball der Winde.
(Charles de Montesquieu 1689-1755, französischer Philosoph)
Es gibt ein Weinen, das nicht tränen hat,
Das ist das herbste, allerschwerste Weinen.
Dann ist das Herz so weh, so todesmatt
Und sieht die goldne Sonne nicht mehr scheinen.
(Anna Dix, 1874-1947, deutsche Dichterin)
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Schaukel des Herzens. O sichere, an welchem unsichtbaren Aste befestigt. Wer, wer gab dir den Stoss, dass du mit mir bis ins Laub schwangst.
(Rainer Maria Rilke, 1875-1926)
Das ist ein reicher Segen
In Gärten und an Wegen!
Die Bäume brechen fast.
Wie voll doch Alles hanget!
Wie lieblich schwebt und pranget
Der Äpfel goldne Last!
Jetzt auf den Baum gestiegen!
Lasst uns die Zweige biegen,
Dass jedes pflücken kann!
Wie hoch die Äpfel hangen,
Wir holen sie mit Stangen
Und Haken all' heran.
Und ist das Werk vollendet,
So wird auch uns gespendet
Ein Lohn für unsern Fleiß.
Dann zieh'n wir fort und bringen
Die Äpfel heim und singen
Dem Herbste Lob und Preis.
(August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, 1798-1874, deutscher Lyriker, Hochschullehrer)
S P R U C H kurz
DER HERBST IST IMMER UNSERE BESTE ZEIT.
(Goethe, 1749-1832)
Und nun: der Wind geht hohl und schwer,
in weissen Wogen schäumt das Meer –
nun ist der Herbst gekommen
und hat vom Feld den Morgentau
und hat das letzte Stückchen Blau
vom Himmel weggenommen.
Und nun fahr hin! – Es rauscht und zieht
durch dunkle Luft ein dunkles Lied;
ich mag nicht ruhn und träumen.
Ich liege wach die ganze Nacht
und horche auf die heiße Schlacht,
das Stöhnen in den Bäumen.
Und nun fahr hin. Das war ein Jahr,
so früchtereif, so freudenklar . . .
nun laß die Blätter treiben.
Fahr hin! Die Saat von deiner Hand,
die Ernte, die in Halmen stand,
muß doch mein eigen bleiben.
(Clara Müller-Jahnke, 1860-1905, deutsche Dichterin, Journalistin)
S P R U C H
Du, welkes Laub, das niederschauert, du Blümchen, lispelst: Nicht getrauert!
Wir werden schöner auferstehn!
(Johann Heinrich Voss, 1751-1826)
Die Sonnenblumen leuchten am Zaun,
Still sitzen Kranke im Sonnenschein.
Im Acker müh'n sich singend die Frau'n,
Die Klosterglocken läuten darein.
Die Vögel sagen dir ferne Mär,
Die Klosterglocken läuten darein.
Vom Hof tönt sanft die Geige her.
Heut keltern sie den braunen Wein.
Da zeigt der Mensch sich froh und lind.
Heut keltern sie den braunen Wein.
Weit offen die Totenkammern sind
Und schön bemalt vom Sonnenschein.
(Georg Trakl, 1887-1914, österreichischer Dichter)
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Die Stirn bekränzt mit roten Berberitzen
steht nun der Herbst am Stoppelfeld,
in klarer Luft die weißen Fäden blitzen,
in Gold und Purpur glüht die Welt.
Ich seh hinaus und hör den Herbstwind sausen,
vor meinem Fenster nickt der wilde Wein,
von fernen Ostseewellen kommt ein Brausen
und singt die letzten Rosen ein.
Ein reifer roter Apfel fällt zur Erde,
ein später Falter sich darüber wiegt —
ich fühle, wie ich still und ruhig werde,
und dieses Jahres Gram verfliegt.
(Agnes Miegel, 1879-1964, deutsche Dichterin, Journalistin)
Bald fällt von diesen Zweigen
Das letzte Laub herab.
Die Büsch' und Wälder schweigen,
Die Welt ist wie ein Grab.
Wo sind sie denn geblieben?
Ach! sie sangen einst so schön -
Der Reif hat sie vertrieben,
Weg über Berg und Höh'n.
Und bange wird's und bänger
Und öd' in Feld und Hag;
Die Nächte werden länger,
Und kürzer wird der Tag.
Die Vögel sind verschwunden,
Suchen Frühling anderswo;
Nur wo sie den gefunden,
Da sind sie wieder froh.
Und wenn von diesen Zweigen
Das letzte Laub nun fällt,
Wenn Büsch' und Wälder schweigen,
Als trauerte die Welt -
Dein Frühling kann nicht schwinden,
Immer gleich bleibt dein Geschick,
Du kannst den Frühling finden
Noch jeden Augenblick.
(August Heinrich Hoffmann von Fallersleben, 1798-1874, deutscher Dichter, Hochschullehrer)
Ringsumher ist jede Spur verschwunden von des Sommers Lieblichkeit und Lust. Nur in tiefen, unheilbaren Wunden regt sich noch sein Bild in meiner Brust.
(Charlotte von Ahlefeld, 1781-1849, deutsche Schriftstellerin; 3. Strophe aus dem Gedicht: im Herbst)
Noch ist die blühende goldene Zeit,
O du schöne Welt, wie bist du so weit!
Und so weit ist mein Herz, und so froh wie der Tag,
Wie die Lüfte, durchjubelt von Lerchenschlag!
Ihr Fröhlichen, singt weil das Leben noch mait:
Noch ist die schöne die blühende Zeit,
Noch sind die Tage der Rosen!
Frei ist das Herz, und frei ist das Lied,
Und frei ist der Bursch, der die Welt durchzieht,
Und ein rosiger Kuss ist nicht minder frei,
So spröd und verschämt auch die Lippe sei.
Wo ein Lied erklingt, wo ein Kuss sich beut,
Da heißt's: Noch ist blühende goldene Zeit,
Noch sind die Tage der Rosen!
Ja im Herzen tief innen ist alles daheim
der Freude Saaten, der Schmerzen Keim.
Drum frisch sei das Herz und lebendig der Sinn
dann brauset, ihr Stürme, daher und dahin!
Wir aber sind allzeit zu singen bereit:
Noch ist die blühende goldene Zeit,
noch sind die Tage der Rosen!
(Otto Roquette, 1824-1896, deutscher Lyriker, Erzähler, Dramatiker)
Der Herbstwind rüttelt die Bäume,
Die Nacht ist feucht und kalt;
Gehüllt im grauen Mantel,
Reite ich einsam im Wald.
Und wie ich reite, so reiten
Mir die Gedanken voraus;
Sie tragen mich leicht und luftig
Nach meiner Liebsten Haus.
Die Hunde bellen, die Diener
Erscheinen mit Kerzengeflirr;
Die Wendeltreppe stürm ich
Hinauf mit Sporengeklirr.
Im leuchtenden Teppichgemache,
Da ist es so duftig und warm,
Da harret meiner die Holde
Ich fliege in ihren Arm.
Es säuselt der Wind in den Blättern,
Es spricht der Eichenbaum:
Was willst du, törichter Reiter,
Mit deinem törichten Traum?
(Heinrich Heine, 1797-1856, deutscher Dichter, Schriftsteller, Journalist)
Im Nebel ruhet noch die Welt,
Noch träumen Wald und Wiesen:
Bald siehst du, wenn der Schleier fällt,
Den blauen Himmel unverstellt,
Herbstkräftig die gedämpfte Welt
In warmem Golde fliessen.
(Eduard Mörike, 1804-1875, deutscher Lyriker)
Der Herbst, der war mir lieber
Als dieser Lenz mir ist!
Das Herz ging so uns über,
Daß wir uns wund geküßt!
Auf jedem stillen Steige
Blieben wir küssend stehn -
Strich Herbst auch durch die Zweige,
Durchs Herz ging Frühlingswehn!
Wir wanderten umschlungen
Durch Auen im Mondenschein
Und hatten im Herbst gedungen
Den Mai - für uns allein!
(Grünwald-Zerkowitz, Sidonie, 1852-1907, österreichische Schriftstellerin, Dichterin, Übersetzerin)
Der du die Wälder färbst,
Sonniger, milder Herbst,
Schöner als Rosenblüh'n
Dünkt mir dein sanftes Glüh'n.
Nimmermehr Sturm und Drang,
Nimmermehr Sehnsuchtsklang;
Leise nur atmest du
Tiefer Erfüllung Ruh'.
Aber vernehmbar auch
Klaget ein scheuer Hauch,
Der durch die Blätter weht:
Dass es zu Ende geht.
Ferdinand von Saar, 1833-1906, österreichischer Schriftsteller)
Aus des Glückes unumwölkten Tagen
Hab' ich Euch mir liebend aufgespart,
Am gerührten Herzen Euch getragen,
Und mit stiller Sorgfalt euch verwahrt.
Dennoch - fühllos gegen treue Pflege,
Ist verblichen Eure bunte Zier,
Und wie Blumen am gemeinen Wege
Blühn und welken, so vergingt auch ihr.
Dientet ihr zum Sinnbild wohl der Liebe?
Wird auch sie der Stunden leichter Raub?
Sinkt, dass nichts auf Erden heilig bliebe,
Auch der Liebe Blüte in den Staub?
Dann, o dann kann dieses öde Leben,
Das so reich, so herrlich einst mir schien,
Keinen tröstenden Ersatz mir geben
Für die Lieblingsträume, die mich fliehn.
Dann, ihr Blumen, werd' ich Euch beneiden,
Dass ihr früh dem Tode euch geweiht,
Denn noch bittrer als der Trennung Leiden
Ist des höchsten Glücks Vergänglichkeit.
(Charlotte von Ahlefeld, 1781-1849, deutsche Schriftstellerin)
Die ersten Äpfel fallen vom Wurm,
Die zweiten Äpfel, die fällt der Sturm,
Die dritten erntet man ein:
Welche mögen die besten wohl sein?
Die dritten natürlich! lacht jedermann:
Weil man nur die servieren kann!
Die schält sich dann
Respektvoll der Esser
Mit sorglichem Messer -
Doch Wurm und Sturm, die wissen es besser.
(Hanns von Gumppenberg, 1866-1928, deutscher Dichter)
Wenn ich an einem schönen Tag
Der Mittagsstunde habe acht,
Und lehne unter meinem Baum
So mitten in der Trauben Pracht.
Wenn die Zeitlose übers Tal
Den amethistnen Teppich webt,
Auf dem der letzte Schmetterling
So schillernd wie der frühste bebt.
Dann denk' ich wenig drüber nach,
Wie's nun verkümmert Tag für Tag,
Und kann mit halbverschlossnem Blick
Vom Lenze träumen und von Glück.
Du mit dem frischgefallnen Schnee,
Du tust mir in den Augen weh!
Willst uns den Winter schon bereiten:
Von Schlucht zu Schlucht sieht man ihn gleiten,
Und bald, bald wälzt er sich herab
Von dir, o Säntis! ödes Grab!
(Droste-Hülshoff, Annette von, 1797-1848, deutsche Schriftstellerin, Komponistin)
Du bist mit mir im lichten Wald gegangen,
Als jeder Zweig noch zartes Lenzlaub trug.
Erröten rieselte auf deinen Wangen,
Und eine ferne wilde Drossel schlug.
Nun wandl ich einsam die verwaisten Wege,
Seit mir ein rauh Geschick dich weggestürmt.
Im toten Grund und überm Hügelstege
Liegt welkes Laub vom Spätwind aufgetürmt.
Ein Blick und Seufzer der verblühten Wonne
Streift das Gezweig am abgewehten Rain,
Auf dürren Blättern lächelt junge Sonne
Und webt von grünen Tagen noch ein Schein.
(Adolf Frey, 1855-1920, schweizer Schriftsteller, Literaturhistoriker)
Mein Glück, das müsste gross und leuchtend sein
Und herb und wild wie gärend junger Wein.
Und rasend müsst es sein wie Herbstnachtwind,
der durch die sommermüden Wälder rinnt.
"Und seidigschmiegsam gleich dem weissen Leib
von einem leidenschaftsdurchglühten Weib."
Und müsst doch wieder leis sein wie ein Sang,
der irgendwo im Abendwind verklang.
Und zart und ängstlich wie der bleiche Schnee
der Blütenblätter einer Lilie.
Es müsste Aufruhr sein und leise Ruh!
Mein Glück, das müsste sein wie du, wie du!
(Josef Weinheber, 1892-1945, österreichischer Lyirker, Erzähler)
Der schöne Sommer ging von hinnen,
Der Herbst, der reiche, zog ins Land.
Nun weben all die guten Spinnen
So manches feine Festgewand.
Sie weben zu des Tages Feier
Mit kunstgeübtem Hinterbein
Ganz allerliebste Elfenschleier
Als Schmuck für Wiese, Flur und Hain.
Ja, tausend Silberfäden geben
Dem Winde sie zum leichten Spiel,
Sie ziehen sanft dahin und schweben
Ans unbewusst bestimmte Ziel.
Sie ziehen in das Wunderländchen,
Wo Liebe scheu im Anbeginn,
Und leis verknüpft ein zartes Bändchen
Den Schäfer mit der Schäferin.
(Wilhelm Busch, 1832-1908, deutscher Dichter, Schriftsteller, Zeichner)
Wo die Nebel brüten im Tal
unterm Herbstlaub
schwermütig lag ich...
Dein Antlitz ist ein Kornfeld
auf dem die Sonne liegt
und die Ähren schwer sind...
Wo dein Fuss über die Erde sprang,
holen die Lerchen ihren Jubel.
Dein Blut ist wie Wein von fernen Inseln,
die ruhelos wandern in blauen Wellen.
Wie der Frühling
geht deine Stimme über die Hügel
rührend an schlafenden Klängen.
Hoch schlägt es aus Tälern!
Ich möcht dir eine Blume schenken,
die immer duftet.
(Paula Dehmel, 1862-1918, deutsche Dichterin)
Ich sah den Wald sich färben,
Die Luft war grau und stumm;
Mir war betrübt zum Sterben,
Und wusst' es kaum, warum.
Durchs Feld vom Herbstgestäude
Hertrieb das dürre Laub;
Da dacht' ich: deine Freude
Ward so des Windes Raub.
Dein Lenz, der blütenvolle,
Dein reicher Sommer schwand;
An die gefrorne Scholle
Bist du nun festgebannt.
Da plötzlich floss ein klares
Getön in Lüften hoch:
Ein Wandervogel war es,
Der nach dem Süden zog.
Ach, wie der Schlag der Schwingen,
Das Lied ins Ohr mir kam,
Fühlt' ich's wie Trost mir dringen
Zum Herzen wundersam.
Es mahnt' aus heller Kehle
Mich ja der flücht'ge Gast:
Vergiss, o Menschenseele,
Nicht, dass du Flügel hast.
(Emanuel Geibel, 1815-1884, deutscher Lyriker)
Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!
Und geht es draussen noch so toll,
Unchristlich oder christlich,
Ist doch die Welt, die schöne Welt,
So gänzlich unverwüstlich!
Und wimmert auch einmal das Herz -
Stoss an und lass es klingen!
Wir wissen's doch, ein rechtes Herz
Ist gar nicht umzubringen.
Der Nebel steigt, es fällt das Laub;
Schenk ein den Wein, den holden!
Wir wollen uns den grauen Tag
Vergolden, ja vergolden!
Wohl ist es Herbst; doch warte nur,
Doch warte nur ein Weilchen!
Der Frühling kommt, der Himmel lacht,
Es steht die Welt in Veilchen.
Die blauen Tage brechen an,
Und ehe sie verfliessen,
Wir wollen sie, mein wackrer Freund,
Geniessen, ja geniessen!
(Theodor Storm, 1817-1888, deutscher Schriftsteller)
Trübe Wolken, Herbstesluft,
Einsam wandl ich meine Strassen,
Welkes Laub, kein Vogel ruft –
Ach, wie stille! wie verlassen!
Todeskühl der Winter naht;
Wo sind, Wälder, eure Wonnen?
Fluren, eurer vollen Saat
Goldne Wellen sind verronnen!
Es ist worden kühl und spät,
Nebel auf der Wiese weidet,
Durch die öden Haine weht
Heimweh; – alles flieht und scheidet.
Herz, vernimmst du diesen Klang
von den felsentstürzten Bächen?
Zeit gewesen wär es lang,
Dass wir ernsthaft uns besprächen!
Herz, du hast dir selber oft
Wehgetan und hast es andern,
Weil du hast geliebt, gehofft;
Nun ists aus, wir müssen wandern!
Auf die Reise will ich fest
Ein dich schliessen und verwahren,
Draussen mag ein linder West
Oder Sturm vorüberfahren;
Dass wir unsern letzten Gang
Schweigsam wandeln und alleine,
Dass auf unsern Grabeshang
Niemand als der Regen weine!
(Nikolaus Lenau, 1802-1850, österreichischer Schriftsteller, Dichter)
Dahin sind Blüten jetzt und Nachtigallen,
Und durch den kahlen, sangverlassnen Strauch
Weht nun des Herbstes einsam kühler Hauch;
Mein Glück ist mit dem Laube abgefallen!
Das ist der Hain, wo ich mit dir oft weilte,
Das ist der Büsche wonnigliche Haft,
Wo uns am Flehen süsser Leidenschaft
Unfesselbar die Zeit vorübereilte.
Du wanderst fort, du willst die Welt durchmessen;
Hier ist der Pfad, so schlangenkrumm und kalt,
Der dich, Geliebter, locket mit Gewalt
Und fortfährt in die Fremde, ins Vergessen! –
»Das Schiff bewegt mit seinem Reisedrange
Und stört empor die See aus glatter Ruh;
Doch ist es fort, schliesst sich die Welle zu,
Gleichgültig wallt sie fort im alten Gange.
Siehst du von jenem Baum den Raben fliegen?
Von seinem Fortschwung wankt und bebt der Ast
Ein Weilchen noch und kehrt zur alten Rast;
Und deine Klagen werden bald versiegen!«
(Nikolaus Lenau, 1802-1850, österreichischer Schriftsteller, Dichter)
Klassisch und moderne schöne Herbstgedichte und Sprüche, auch zu anderen Themen und Jahreszeiten.
Schöne und lustige Herbstgedichte, kurze Reime und Verse, nachdenkliche Sprüche zur Herbstzeit für gross und klein, für Schule und zu Hause.
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Einfache Malvorlagen und Zeichnungen zum Ausdrucken und Ausmalen. Für kleine und grosse Kinder wie für Senioren.
Ob im Herbst oder zu einer anderen Jahreszeit, immer hat jemand Geburtstag und man möchte stilvoll gratulieren. Mit diesen Gedichten, Texten und Sprüchen gelingt das bestimmt.